Floh an Bord 1.6.1996 bis 5.6.1996

Törnplanung und Anreise

Wieder einmal ist es so weit. Mein Uhrmacher- und Segelfreund Philipp möchte den Fronleichnamstag zu einem verlängerten Wochenende nützen um ein paar Tage mit seiner Familie Seeluft zu schnuppern. Er sperrt dann seinen Uhrmacherladen zu, nimmt die beiden Töchter aus der Schule und ist Mittwoch abends am Schiff. Heuer kann allerdings nur Babsy mit, da Kathy eine wichtige Schularbeit hat. Da ich ein Schiff immer für eine ganze Woche chartere, muß ich für die erste Wochenhälfte eine Crew finden. Das Telefon zur Hand und los gehts. Mein Doktor kann nicht, er muß in Salzburg Fussball spielen und wird wahrscheinlich wie immer mit einem Verband heimkommen, die Preiner haben mit Ihrem Hotelumbau zu tun und Monika und Paul können Ihre beiden Katzen nicht alleine lassen. Da fällt mir ein daß der Hausherr meiner Werkstatt schon seit Jahren mit mir in der Adria segeln möchte. Franz sagt zu, sieht sich nach einer Begleitung um und wir besprechen die Details der An- und Abreise sowie die leider nicht zu verhindernde finanzielle Seite. Ich kenne Franz schon sehr lange und weiss das er eine kleine Nusschale am Neusiedlersee hat, ich habe Ihm einmal seinen gebrochenen Mast zusammengeleimt, bin aber nicht sehr überzeugt von seinen Segelkünsten mit denen er allerdings nie geprahlt hat.

So beschließe ich zwecks Unterstützung eine segelkundige Person aufzutreiben und stosse natürlich auf meinen Freund Charly.
Wir haben schon mindestens 2000 Seemeilen miteinander verbracht. Charly ist Freiberufler und seit ihn Frau und Kinder in Richtung Kenia verlassen haben nur durch Emma, seinen Hund, in der Bewegungsfreiheit eingeschränkt. Doch hat er sehr schnell Kost und Logis für Emma gefunden und ist mit von der Partie.

Drei Tage vor der geplanten Abfahrt ruft mich Franz an und teilt mir mit daß er nicht fahren kann da er einen wichtigen Gerichtstermin hat. Jetzt fällt mir nur noch Christof ein der im Herbst mit Charly und mir eine Woche segeln war. Ich rufe ihn in Innsbruck an aber auch er hat keine Zeit. Sämtliche weiteren Bemühungen in so kurzer Zeit noch Ersatz zu finden scheitern kläglich. Der Gedanke daß Charly und ich zu zweit auf einem 13 Meter Boot mit vier Kabinen herumsegeln drängt sich immer mehr auf.

Wie ich auf die Idee kam Floh zu fragen weiß ich nicht mehr genau, vielleicht habe ich mich im Zusammenhang mit Christof der früher im selben Haus wie Floh wohnte an sie erinnert. Es ist übrigens das Haus von Franz. Dort habe ich Floh auf sehr eindrucksvolle Weise kennengelernt. Ich erledige für Franz kleine Arbeiten in seinem Haus was sich positiv auf meine Miete niederschlägt. Eines Tages ruft er mich an und bittet mich in einer Wohnung einen verstopften Brauseabfluss zu reparieren. Als ich ein paar Tage später meine Werkstattüre aufsperre kommt ein sehr hübsches Mädchen auf mich zu mit den Worten:" Sie sind der Mann den ich brauche ". Ich war einigermaßen sprachlos doch dann dämmerte es mir daß es sich nur um die verstopfte Brause handeln konnte. Meine Bereitschaft sofort zu kommen wurde jedoch eingebremst da sich Floh noch Zeit zum Aufräumen der Wohnung erbat. Nicht das Floh unordentlich wäre, ganz im Gegenteil, sie hat immer den vollen Überblick da alles gleichmäßig in der Wohnung verstreut ist.
Ein zweites mal habe ich sie dann bei Christof nach unserem Herbsttörn getroffen als wir unsere Fotos austauschten.

Nun, ich gebe mir einen Ruck und klopfe bei Floh an. Sie ist Feuer und Flamme hat jedoch ein Problem. Floh studiert und jobbt nebenbei in einer Diskothek. Dort hätte sie an diesem Wochenende Dienst. Unsere Abfahrt ist für Samstag früh um 7 Uhr geplant. Um 6 Uhr ruft mich Floh an und teilt mir mit daß sie mitfährt.

Von all diesen Entwicklungen habe ich Charly, obwohl ich ihn noch am Freitag Abend bei einer Crewbesprechung für einen Sommertörn gesehen habe, nichts erzählt. Ich hole ihn nach Weckruf von zu Hause ab und erzähle ihm während der Fahrt zu Floh von den Neuigkeiten.
Ich klingle bei ihr, und beim Öffnen der Türe sorgt sie wieder für kurzfristigen Atemstillstand bei mir. Floh hat ein Minikleidchen an, dazu trägt sie halbhohe Stiefel mit hohen Absätzen, ihr Gepäck hat sie in einem kleinen Rucksack verstaut. Irgendwie dürfte die Nacht etwas anstrengend gewesen sein, da Sie kaum ein Wort herausbringt. Entweder zu kalte Getränke oder zu viele Zigarretten oder beides. Nach kurzem Getratsche fällt Floh auf der hinteren Sitzbank in den Schlaf.
Am Ende der Südautobahn nach Völkermarkt gibt es einen Gasthof mit Tankstelle den wir zu einer kurzen Rast aufsuchen und ich auch gleich tanke. Im Gastgarten nehmen wir ein verspätetes Frühstück ein und Charly und ich gewöhnen uns schön langsam daran daß wir eine sehr hübsche und nicht gerade unauffällige Reisebegleiterin haben.

Wenn ich nach Rovinj zum Segeln fahre benütze ich immer die Route über Italien. Ich mache dann einen Stop in Cervignano in der Nähe von Grado. Ich bin hier vor vielen Jahren mit Monika und Paul mit einem Trimaran unterwegs gewesen und seit diesen Zeiten in diese Ortschaft verliebt. Dort gibt es keine solchen Ladenschlusszeiten wie in Österreich. Der Supermarkt "COOP" hat Samstag von 8 Uhr 30 bis 19 Uhr 30 ohne Mittagspause geöffnet. Ich nenne diesen Abstecher immer "Bunkern" da ich alle notwendigen Lebensmittel wie Spaghetti, Sugo, Olivenöl, Weinessig und flüssige Verpflegung sowie "un etto di prosciutto di Parma" einkaufe, was meistens für die ersten Tage reicht. Da ich dann bei normalem Verkehr um die Mittagszeit dort ankomme wird diese Pause auch zum Mittagessen verwendet.

In der Pizzeria neben dem Hotel Friuli teilen wir dem Kellner unsere Wünsche mit. Floh erklärt uns daß sie Vegetarierin ist und bestellt sich daher "Spaghetti al tonno". Sie nimmt einige Bissen zu sich und bietet uns dann zum Kosten an. Wir werden es noch öfter erleben, aber nur wenn Floh etwas nicht schmeckt dann lässt sie uns kosten. In der Tat, der Thunfisch war angebrannt. Wir verplaudern uns etwas und fahren nach 3 Stunden wieder weiter. Bis Rovinj gibt es außer einem kurzen Halt am Duty Free Shop an der Slowenischen Grenze keine besonderen Vorkommnisse mehr.

In der Marina finden wir unser Boot, eine OCEANIS 43 mit dem Namen "La Route du the" am Chartersteg. Kurz darauf kommt auch Damir, mein Vercharterer um mir die Papiere und das Boot zu übergeben und das übliche Papiersäckchen zu übernehmen. Jetzt beginnen wir mit dem Einräumen des Bootes, doch vorher muß sich Floh noch von ihren Stiefeln trennen und ihre Sportschuhe anziehen. Ich glaube beim Anblick ihres Schuhwerks hätte sich das Boot mindestens einen Meter weiter vom Steg entfernt. Das Einräumen des Bootes und der Kabinen geht auf Grund langjähriger Routine sehr flott vonstatten, sodaß Floh nach einer Stunde bereits fertig ist und den noch sehr warmen Abend zu einer Rauchpause, bei mir herrscht unter Deck absolutes Rauchverbot, im Cockpit mit Blick auf das Treiben rundherum nützen möchte. Dazu zieht sie sich Ihren Bikini mit Tigermuster an. Auf der gegenüberliegenden Seite unseres Steges wird gerade eine Handvoll mittelalterlicher Herren von einem Segellehrer in die Geheimnisse des stehenden und laufenden Gutes eingeweiht. Als Floh mit vorgenannter Adjustierung das Cockpit betritt vernehme ich ein mehrfaches Knacksen vom Nachbarschiff. Ich habe noch nie gesehen wie schnell man seinen Kopf drehen kann und hoffe nur daß keiner einen bleibenden Schaden erlitten hat.

Am Abend gehen wir in die Altstadt etwas bummeln und dann auf eine Pizza. Wieder an Bord setzen wir uns noch im Cockpit zusammen.


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© ©Text von Peter Jarosch.
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Letzte Änderung: 9.3.2014
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